LERNEN MIT ZUKUNFT

Was macht unser Gehirn, wenn wir schlafen?: 4 | JUNI 2022 WELCHE FUNKTION HABEN TRÄUME? UNSER GEHIRN ARBEITET IMMER NOCH KRÄFTIG, WENN UNSER KÖRPER SICH AUSRUHT Schlaf und Träume S chlaf ist lebensnotwendig. Menschen können durch Schlafentzug sterben. Aber was passiert beim Schlafen und warum ist das für den Menschen so wichtig? Computertomographische Aufnahmen zeigen, dass sich das Gehirn im Schlaf leicht zusammenzieht, die flüssigkeitsgefüllten Kanäle und Ventrikel in diesem Organ weiten sich und es wird vermehrt Gehirn- flüssigkeit (Liquor) durchgespült. Man vermutet, dass dabei Abfall- stoffe aus dem Gehirn ausgespült werden, die bei ausbleibendem Schlaf früher oder später zu schwerwiegenden Schäden füh- ren. Aber obwohl unser Bewusstsein dabei abgeschaltet ist, ist das nicht mit einer Ohnmacht oder gar einer pharmakologisch verursach- ten Narkose vergleichbar. Sobald das Gehirn im Schlaf ein unge- wohntes Geräusch wahrnimmt, ist man sofort hellwach. Das Gehirn arbeitet während des Schlafes durchaus noch kräftig. Einmal nimmt es die Umwelt weiter wahr, wie die erwähnten Geräusche. Aber auch die Position im Bett wird unbewusst regis- triert. Aktive Schläfer, die sich im Bett hin- und herdrehen, fallen normalerweise nicht aus dem Bett. Das Gehirn weiß die Position des Körpers im Bett und wo die Kante ist. Daher dreht man sich im Schlaf nie über die Kante und fällt hinaus. Außer das Gehirn ist Thomas Kolbe Fachwissenschaftler für Versuchstierkunde, Ao. Prof. für die Service-Plattform Biomodels Austria Veterinärmedizinische Universität Wien Foto: © mnaydenova | pixabay.com durch Alkohol oder Drogen außer Funkti- on gesetzt. Zum anderen arbeitet das Gehirn kräftig nach innen. Besonders bei emotionaler Unruhe vor dem Schlafengehen verarbei- tet es Erlebtes in Form von Träumen. Diese lassen im Schlaf entweder sehr realistische oder absolut surreale Szenen ablaufen. Dabei hört man im Traum Dinge, spricht, fühlt und bewegt sich. Der schlafende Körper zeigt höchstens ein Zucken der Muskeln in Armen oder Bei- nen, mehr nicht. Außer bei den wenigen Menschen, bei denen diese Sperre nicht funktioniert und die dann schlafwandeln gehen. Dem Träumer werden alle im Wachzu- stand möglichen sensorischen Reize als Simulation eingespielt: Hören, Sehen, Fühlen, Körperbewegungen. Das ist mehr als jeder High-Tech-Simulator zu leisten imstande ist. Grund ist wahrscheinlich, dass das Gehirn Erlebtes verarbeitet, bewertet, abspeichert. Das kann man sich zu Nutze machen, wenn man etwas lernen will. Wenn man den Stoff vor dem Schlafengehen durchgeht, beschäftigt sich das Gehirn im Schlaf noch weiter damit und verfestigt den gelernten Stoff in Form von Erinnerungen. Zwei Tipps noch dazu: Das Lehrbuch einfach nur unter das Kopfkissen zu legen, funktioniert nicht. Und am Abend vor einer Prüfung sollte man nicht bis in die Nacht lernen, sondern früh schlafen gehen. Denn erholt ist das Gehirn am nächsten Tag viel leistungsfähiger als übermüdet.

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