LERNEN MIT ZUKUNFT

33 | SEPTEMBER 2018 information & erinnerung Foto: © Brigitte Bonaposta & chris-m.- fotolia.com konnten, so gab es nun plötzlich Ware genug, aber wir hatten kein Geld! Mit 40 DM, die wir am 20. Juni pro Person erhalten hatten, konnte man wahrlich keine großen Sprünge ma- chen. Doch voller Freude malten wir uns aus, was wir alles kaufen würden, wenn das Geld dafür reichte. Wenn man genug sparte, dann konnte man sich so manchen Wunsch erfüllen. Mir hatte der Urlaub auf Borkum so gut gefallen, daß ich beschloß, auch 1948 wieder dorthin zu fahren. Diesmal wohnten wir jedoch wesentlich bescheidener bei den Eltern meiner ehemaligen Arbeitsmaid. Ich selbst hatte nun meine Vorliebe fürs Meer entdeckt. Immer, wenn ich später an Urlaub dachte, dann sah ich nur das Meer vor mir. Die Normalisierung der Versorgung mit Lebensmitteln brachte es mit sich, daß unser Betrieb allmählich überflüssig wurde. Und so erhielten wir alle zum 31. März 1949 unsere Kündigung. Ich hatte mich schon sosehr daran gewöhnt, eige- nes Geld zu haben, daß ich mir schlecht vorstellen konnte, finanziell wieder völlig abhängig zu sein. Als daher einer meiner Kollegen, der eine Bier- und Spirituo- senvertretung für Bottrop und Gladbeck übernommen hatte, mich fragte, ob ich für ihn den Raum Gladbeck betreuen würde, nahm ich das Angebot an. Es waren zwar nur minimale Beträge, die ich dabei verdienen konnte, doch es war besser als gar nichts. So machte ich mich in den ersten April- tagen auf die Suche nach Kunden. Man hatte mir den Rat gegeben: Versuch erst einmal Lebensmittelhändler für die Bierbestellungen zu gewinnen, und dann such dir einen Bierverleger, der das Bier von der Brauerei bezieht und an die Geschäfte weiterliefert. Da wir in Gladbeck-Rentfort nicht unbekannt waren, hatte ich nach verhältnismäßig kurzer Zeit Bestellungen für zwanzig Kästen Bier in der Tasche. Nun also wollte ich einen Bierver- leger suchen. Ich kannte keinen und fragte darum meinen Vater. Der meinte: „In der Kampstraße muß einer wohnen, Klein heißt er, der hat früher unsere Kantine auf der Zeche mit Getränken beliefert.“ Am 4. April 1949 betrat ich zum ersten Mal den Hof in der Kampstraße, der dann für 18 Jahre mein Zuhause werden sollte, und sah zum ersten Mal den Mann, mit dem ich nun schon über 40 Jahre verheiratet bin. Herr Klein war gerade dabei, sein Tempo- Dreirad zu waschen, als ich vor ihn trat, um ihm Bier zu verkaufen. Er bat mich ins Haus und meinte zuerst, er habe selbst genug Bier zu verkaufen. Doch als ich ihm erklärte, daß ich bereits Aufträge für 20 Kästen habe, bestellte er. Das war mein er- ster Erfolg – jedoch auch der letzte! Denn nicht das Bier hatte sein Interesse geweckt, sondern ich! Noch am selben Nachmittag kam ein An- ruf, ich möge doch noch einmal vorbeikom- men, man brauche für eine private Feier, die Verlobung der jüngsten Schwester, eini- ge Flaschen Wein. Daraus entwickelte sich unsere Beziehung, die am 23. Juni 1949 zur Verlobung und am 25. März 1950 zur Hochzeit führte.

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