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information & medizin Die Zukunft der Fortpflanzung?: Wege für die Reproduktionsmedizin EIZELLEN UND SPERMIEN AUS DER PETRISCHALE, VIELLEICHT SOGAR VON EIN UND DERSELBEN PERSON?! D as Bild der Familie und der Er- zeugung von Nachkommen hat sich in den letzten Jahrzehnten deutlich verändert. Das Spek- trum an Möglichkeiten ist größer gewor- den. Gesellschaftlich hat man sich an Patchwork-Familien gewöhnt, bei denen zwei getrennte Menschen neue Partner finden und ihre Kinder aus der früheren Beziehung in die neue Familie einbrin- gen. Liberalere Gesetze erlauben auch gleichgeschlechtlichen Partnerschaften die Adoption von Kindern. Die Reproduk- tionsmedizin unterstützt mit Techniken wie In vitro-Befruchtung und Embryo- transfer. Durch Fremdsperma- und Eizell-Spende sowie Leihmüttern kann in gleichgeschlechtlichen Beziehungen zumindest einer der beiden Partner auch biologisch Eltern des Kindes sein. Ganz neue Perspektiven eröffnen sich nun durch eine Studie japanischer For- scher, die aus Stammzellen bei Mäusen Eizellen hergestellt, diese erfolgreich befruchtet und daraus lebende und fortpflanzungsfähige Jungtiere erzeugt haben. Solche Stammzellen lassen sich inzwischen aus beliebigen Körperzellen herstellen. Somit können gleichge- schlechtliche männliche Paare sowohl Eizellen als auch Spermien bereitstellen und damit leibliche Kinder bekom- men. An der umgekehrten Variante, aus Stammzellen befruchtungsfähige Spermien zu produzieren und damit gleichgeschlechtlichen weiblichen Paa- ren dieselbe Möglichkeit zu bieten, wird noch gearbeitet. Bisher sind das nur rein experimentelle Tierversuche. Aber es zeigt, dass diese Methode prinzipiell funktioniert. Und andere Reproduktionstechniken haben den Sprung vom Tierversuch zur Anwen- dung am Menschen auch recht schnell geschafft (vom Embryotransfer bis zum Kernspindel-Transfer). Das Interesse an Methoden zur assistierten Reproduktion wächst in einer alternden Gesellschaft, in der der Zeitpunkt seinen Kinder- wunsch zu realisieren immer weiter herausgeschoben wird und dann mit den biologischen Möglichkeiten nicht immer problemlos vereinbar ist. Andererseits hat diese Technik, aus vom eigenen Körper gewonnenen Stamm- 42 | DEZEMBER 2018 Foto:© pixabay.com Thomas Kolbe Fachwissenschaftler für Versuchstierkunde, Ass.-Prof. für die Service-Plattform Biomodels Austria Veterinärmedizinische Universität Wien Info Katsuhiko Hayashi und Mitarbeiter (2012): Offspring from Oocytes Derived from in Vitro Primordial Germ Cell–like Cells in Mice. Science 338 (6109), 971-975. Spektrum der Wissenschaft: Ausgabe 10/2018, Seite 38 ff.

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