LERNEN MIT ZUKUNFT

33 | SEPTEMBER 2020 information & bewusstsein Hirnforschung und Sprache: D ie Sprache beeinflusst unser Denken. Viele Metaphern, die wir ständig benutzen und welche unsere Alltagssprache prägen, beeinflussen unbewusst unser Denken. Neurolinguisten zeigen, dass bei einem Großteil unserer Metaphern die Areale im Gehirn aktiviert werden, die auf der rechten Gehirnhälfte für bildhafte Vorstellungen zuständig sind. Die Wirkung sprachlicher Bilder reicht oft zu einer körperlichen Reaktion. Hören Menschen, dass sich eine Person im sechsten Stock befindet, wandert ihr Blick automatisch nach oben. Lesen sie den Satz "Unser Kurs ist eine Treppe zum Erfolg" geht der Blick der Leser auch nach oben. Bei der Aussage „Die Anforderungen stürzen auf ihn ein“ wird sich der Leser unbewusst ein wenig zusammenziehen. Wer das Bild eines Tigers zu sehen bekam, schätzte die Ge- schwindigkeit eines Läufers schneller ein als der, dem das Bild einer Schildkröte gezeigt wurde. Zugleich ist es auch, dass Metaphern besser im Gedächtnis gespeichert wer- den als abstrakte Formulierungen. Das sollte man bedenken, wenn Texte für den Schulunterricht formuliert werden. Eine bildhafte Formulierung erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass der Nutzer sich an eine Anweisung hält. Beispiel für kleine Kinder: Bleib bei Rot stehen! Viele Wörter lösen bei uns sofort Gefühle aus. Besonders im Produktmarketing werden positive Worte gewählt. Macht unserer Sprache Dipl.-Ing. Alexander Ristic Journalist Würden Sie als Hersteller von Bitterschoko- lade ihr Produkt „Wiener Bitterschokolade“ nennen? Keine gute Idee, denn das Wort Bitterschokolade ruft Gefühle wach, die mit dem Begriff „bitter“ verbunden sind: Bitterkeit, verbittert, bittere Enttäuschung, bittere Kälte, bitteres Unrecht, das ist bitter für mein Kind. Menschen sind evolutions- bedingt konditioniert, bittere Nahrung zu meiden, da sie oft giftig ist. In der Natur sind sehr oft giftige Pflanzen und Früchte geschmacklich bitter. Als Hersteller ist es besser Ihr Produkt „edelbitter“ oder „zartbitter“ zu nennen, um ihr den bitteren Beigeschmack zu nehmen. Noch besser ist es, Ihr Produkt als „dunkle Scho- kolade“ oder mit „80 % Kakaoanteil“ zu beschreiben. Neurowissenschaft- ler sind sich sicher, dass unsere Entschei- dungen immer einen emotionalen Aspekt ha- ben. Manager erliegen oft der Illusion, sie treffen ihre Entscheidungen immer rational. In Wirklichkeit erliegen sie vielfältigen unbewussten und emotionalen Einflüssen. Wörter, die eine hohe Erregung erzielen, werden besser im Gedächtnis behalten, schneller wiedererkannt und lenken in höherem Maß die Auf- merksamkeit auf sich. Worte als Auslöser unangenehmer Gefühle: Besserwisser, Gegner, Nörgler, Räuber, beschuldigen, bevormunden, vergessen, ängstlich, entsetzt, kalt, nervös, sprunghaft, traurig ….. Worte als Auslöser angenehmer Gefühle: Bruder, Freund, Gastgeber, Pro- fessor, Kind, Schwester, erzählen, teilen, freundlich, kultiviert, verlässlich, verständnisvoll, weiblich, zufrieden ….. SPRACHE HAT FAST IMMER EINE UNBEWUSSTE WIRKUNG Foto: © Ralf Designs | pixabay.com

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