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information & kindheit

DEZEMBER

2014 | 11

PRÜGELSTRAFEN WAREN ETWAS NORMALES

Volksschule vor 70 Jahren

Eine Lehrerin, die uns mit jugendlicher

Freude unterrichtete. Wir Kinder waren

regelrecht in sie verliebt.

Ein junger groß gewachsener Lehrer

der aus unserem Dorf stammte und uns

allen das Fürchten lehrte: Er ging unent-

wegt mit einem Rohrstab durch die Reihen und schlug

zu wo er es für nötig hielt. Ich hatte insofern Glück, weil

ich ein Lehrerkind war und er sicherlich vor den Folgen

Angst hatte. Ansonsten machte er zwischen Buben und

Mädchen keinen Unterschied. Ein Neffe von ihm war un-

ter uns Kindern, der sich beim Lernen sehr schwer tat.

Diesen schlug er mit bloßen Händen und Fäusten. Wenn

ich das so niederschreibe wird mir fast übel. Niemand

wagte etwas zu sagen. Ich bin auch traurig darüber,

dass ich dem armen Kerl nie gesagt habe, wie leid er

uns allen getan hat.

Das war ein Lehrer im Alter meines Vaters. Da immer

mehr Männer und auch Lehrer als Soldaten einberufen

wurden, ergab sich folgende Lösung: Dieser Lehrer hatte

eine eigene Schule, die 4 km von unserem Ort entfernt

war. Nun musste er beide Schulen versorgen. Wir hatten

also nur noch jeden zweiten Tag Unterricht.

Wer nach der vierten Schulstufe in eine höhere Schule

gehen wollte, ging in die Hauptschule oder das Bundes-

realgymnasium in die nächste Kleinstadt, Waidhofen/

Thaya. Diese war 5 km entfernt und wir mussten den

täglichen Fußmarsch auf uns nehmen.

Viele Jahre später, wenn ich meine Kinder von Kurs zu

Kurs chauffierte, erzählte ich ihnen wohl all zu oft aus

dieser Zeit.

Ich erntete keine Spur von erhoffter Betroffenheit.

Ihre Standardantwort war eher: "Ja, ja und ihr hattet

schlechtes Schuhwerk------und Oma hatte keine Wasch-

maschine------

V

or 70 Jahren besuchte ich die

Volksschule in einem Dorf im

Waldviertel. Das Dorf hatte

36 Häuser, drei Löschteiche, eine Kirche

mit Pfarrhaus, eine Feuerwehr mit

Blaskapelle, ein Wirtshaus, in dem sich

sonntags nach der Messe die Männer

des Ortes trafen, und das Schulhaus. Das

Schulhaus war das einzige einstöckige

Gebäude. Im ersten Stock lebten wir, die

Lehrersfamilie, zu ebener Erde war ein

einziges Klassenzimmer.

Alle Schulkinder, von der ersten bis zur

achten Schulstufe wurden in diesem

Raum an den Vormittagen unterrichtet.

Während die Lehrperson eine Gruppe

unterrichtete, hatten die restlichen Kin-

der eine Stillbeschäftigung (lesen oder

schreiben oder zeichnen oder........).

Die jeweilige Lehrperson saß auf einem

Podium an einem Katheder. Der Leh-

rer hatte auf diese Weise einen guten

Überblick über das Klassenzimmer. Für

uns Kinder war dies zu dem sowieso

schon vorhandenen Respekt, noch eine

Zugabe.

Im ersten Schuljahr gab es für uns Kinder

keine Hefte sondern schwarze Schiefer-

tafeln auf denen wir mit weißen Griffeln

unsere ersten Schreibversuche machten.

Alles was wir auf diese Weise produ-

zierten konnte man ablöschen und neu

beginnen. Wir waren die Taferlklassler.

Mein Vater war als Soldat im Krieg und

wir hatten die unterschiedlichsten Lehrer.

Drei sind mir in Erinnerung geblieben:

Eine ganz andere Zeit:

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http://aktuell.LmZukunft.at

Foto: © Archiv LERNEN MIT ZUKUNFT

Ingeborg Halzl

Schreibpädagogin