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information & gesundheit

Problematischer Konsum:

DAS AUSSCHLEICHEN VON ABHÄNGIGKEIT HERVORRUFENDEN MEDIKAMENTEN

Der Griff zur Tablette

20 | MÄRZ 2018

Prof. Franz W. Strohmer

med. Journalist

M

an muss einfach von der Tat-

sache ausgehen, dass es nur

einen einzigen Menschen auf

der Welt gibt, dessen Empfin-

dungen, Körperlichkeit und Reaktionen

auf bestimmte Impulse genauso sind wie

sie sich ihm selbst zeigen. Der Mensch

ist also in seiner Gesamtheit einmalig.

Deshalb bewirken auch Fremdstoffe

(Medikamente) eine Veränderung dieser

Gesamtheit hin zu einer uniformen

Gesamtheit, die man auch als normen-

angepaßt bezeichnen könnte. In einer

menschlichen Gesellschaft muss es ganz

bestimmt menschliche Regeln geben,

die die verschiedenen Individualitäten

auch nebeneinander bestehen lassen,

ohne Beeinträchtigung der Individualität

und der Andersartigkeit. Die Steuerme-

chanismen sollten aber weitestgehend

Wohlbefinden bewirken, was aber viele

Toleranzen und permanente Anpas-

sungen bedeutet.

Medikamente sind Steuerfaktoren, die

in die individuellen Steuermechanismen

des Menschen eingreifen.

Medikamente erzeugen einen Sätti-

gungsspiegel im Blut, von dem die

Wirkung wesentlich abhängig ist. Ein

plötzlicher Anstieg wird auch zu Beklem-

mungen und Bedrückung oder anderen

unerwünschten Nebenwirkungen führen,

ein rascher Abfall ebenso. (Entzugser-

scheinung).

Medikamente werden vom Körper

unterschiedlich schnell angenommen,

also zur Wirkung gebracht werden, aber

auch unterschiedlich schnell abgebaut

werden. Man spricht von Halbwertszeiten der

Medikamente. (Halbwertszeit ist jene Zeit-

spanne, in welcher die Konzentration eines

Medikamentes im Körper auf ihren halben

Wert absinkt) Kurze Halbwertszeiten bedeu-

ten einen raschen Abbau und Nachlassen der

Wirkung, also eine Intensivierung der Entzugs-

erscheinungen, die früher beginnen.

Medikamente mit langen Halbwertszeiten

werden langsamer abgebaut. Die Entzugser-

scheinungen werden später wahrgenommen.

Was muss man zum Beispiel beim Absetzen

von Psychopharmaka beachten:

Den allgemeinen Gesundheitszustand der

betreffenden Person (Anamnese, Status)

Art des eingenommenen Medikamentes

Die Dauer der Einnahme des Medikamentes

Die Dosierung des Medikamentes (Konzen-

tration und Art der Verabreichung) Nebenwir-

kungen während der Einnahme oder Wech-

selwirkungen mit anderen eingenommenen

Medikamenten Unterstützung beim Entzug

durch fachlich versierte Personen und andere

Bezugspersonen.

Eine begleitende Psychotherapie, um Persön-

lichkeitskrisen weitestgehend zu minimieren,

bzw. zu verhindern.

DER WEG DES ENTZUGES

Der beste Weg ist das im Titel genannte

„Ausschleichen des Medikamentes“, das heißt

das langsame Verringern der Tagesdosis. Das

plötzliche Absetzen des Medikamentes oder

eines in Kombination genommenen, wird man

nur akzeptieren können, wenn die Person be-

sonders willensstark ist und das Medikament

nur kurzfristig und in niedriger Dosierung

eingenommen wurde.

Foto: ©

pixabay.com