Previous Page  18 / 34 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 18 / 34 Next Page
Page Background

information & forschung

Nicht zu leichtgläubig sein:

VON „IMPFEN ERZEUGT AUTISMUS ÜBER CHEM-TRAILS BIS ZUR TRANSPLANTATION

EINES MENSCHLICHEN KOPFES AUF EINEN ANDEREN KÖRPER“

Wissenschaftliche ‚Fake News‘

Thomas Kolbe

Fachwissenschaftler

für Versuchstierkunde,

Ass.-Prof. für die

Service-Plattform

Biomodels Austria

Veterinärmedizinische

Universität Wien

Foto: ©

pixabay.com

18 | DEZEMBER 2017

er

.

ker

Info

Wikipedia: https://

de.wikipedia.org/

wiki/Kopftransplan-

tation

Fakten Checker:

http://www.fact- check.org/ http://de.ejo-

online.

eu/digitales/fact-

checking-als-neue-

demokratische-

institution

G

ezielte Falschmeldungen, auf

englisch „Fake News“ genannt,

ziehen auch im wissenschaft-

lichen Bereich immer breitere

Bahnen.

War das Internet in den ersten Jahr-

zehnten eine Informationsquelle für

Jedermann, so verbreiten sich dort in den

letzten Jahren mehr und mehr Fehlinfor-

mationen, die aus Spaß, Unkenntnis oder

sogar ganz gezielt verbreitet werden.

Eine italienische Initiative zur Abschaffung

der Gesetze der Thermodynamik mag man

da noch belächeln. Da wird der Begriff

„Gesetz“ missverständlich verwendet:

Gesetze der Thermodynamik sind Natur-

gesetze, die man jederzeit experimentell

belegen kann und nicht vom Menschen

gemachte Gesetze, die man per Dekret

einfach aufheben kann.

Bei obskuren Behauptungen zur Neben-

wirkung von Impfungen wird dagegen

schon mit Gesundheit oder gar Leben von

Menschen gespielt. Der von Soziologen

‚Bestätigungsfehler‘ genannte Umstand,

dass man Ansichten, die der eigenen

Meinung entsprechen, eher glaubt als

widersprechenden Ansichten, trägt gerade

in Internet-Foren zur Verbreitung von so

manchem Unsinn bei.

Seit 2013 verbreitet ein italienischer Chi-

rurg, dass er Ende 2017/Anfang 2018 den

Kopf eines Menschen auf einen anderen

Körper transplantieren will. Selbst in Wiki-

pedia taucht ein Eintrag dazu auf. Dutzende

von Boulevardmedien berichten seitdem

darüber.

Ich selber habe das Privileg, einen Über-

blick über die aktuelle tierexperimentelle

Forschung zu haben. Daher weiß ich, dass

bisher bei keinem Versuchstier eine solche

Kopftransplantation funktioniert hat. Und

somit wird auch keine Ethikkommission in

Europa oder den USA einem solchen Eingriff

beim Menschen zustimmen.

Aber gehen wir einmal mit dem gesunden

Menschenverstand an die Sache: Bisher

kann man leider Nervengewebe nicht wieder

zusammenwachsen lassen. Alle Versuche an

Ratten und anderen Versuchstieren waren

bisher erfolglos. Wenn das nämlich möglich

wäre, würde man doch zuerst den zehntau-

senden querschnittsgelähmten Menschen

helfen, wieder aus dem Rollstuhl heraus-

zukommen und selber gehen zu können?

Das sollte doch einfacher funktionieren als

bei einer Kopftransplantation auch noch

Blutversorgung, Knochen, Muskeln und Haut

zusammenfügen zu müssen?!

Wenn ich jetzt behaupte, mein Hund kann

fliegen, er fliegt jeden Morgen eine Runde

um unser Haus (natürlich nicht, wenn Frem-

de dabei sind: Er vertraut da nur mir). Dann

würde mich jeder mitleidig belächeln. Weil

viele selber Hunde haben und alle Hunde

kennen und einfach wissen, dass diese nicht

fliegen können (Flughunde gibt es, aber