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Fotos: © Wr. Kinderfreunde

27 | DEZEMBER 2017

Sprachliche Vielfalt:

DIE WIENER PROJEKTPARTNER IN DIESEM PROJEKT SIND DIE WIENER

KINDERFREUNDE UND DER STADTSCHULRAT FÜR WIEN

Keine Sprache ausblenden…

einem Entwicklungsstadium sind, in dem sie

viel lernen sollen. Dafür brauchen sie eine

Sprache, die ihnen vertraut ist. Im Kinder-

garten ist diese Erstsprache für die Kinder zu

Beginn eine wichtige Brücke, um angstfrei

und selbstbewusst die neue Sprache Deutsch

zu erlernen.

SPRACHEN LERNEN BRAUCHT ZEIT

Aus internationalen Studien, die wir bei

unserem Projekt heranziehen, wissen wir,

dass mehrsprachige Kinder fünf bis acht

Jahre brauchen, um den Stand in Deutsch

zu erreichen, den ein gleichaltriges Kind hat,

das mit nur einer Sprache aufgewachsen ist.

Deshalb braucht es die Zusammenarbeit von

Kindergarten und Schule sowie die Unter-

stützung der Eltern, um das mehrsprachige

Kind zu einer kompetenten mehrsprachigen

SchülerIn werden zu lassen, und um Mehr-

sprachigkeit als Reichtum und nicht als

Defizit anzuerkennen.

An diesem Sprachenprojekt nehmen in Wien

drei Kinderfreunde Kindergärten und seitens

des Wiener Stadtschulrats acht Volksschulen

und eine Neue Mittelschule teil. Außerdem

sind Kindergärten und Schulen in Burgen-

land, Niederösterreich, Oberösterreich, Un-

garn, Tschechien und der Slowakei beteiligt.

In den drei Bundesländern liegt der Fokus

auf der Förderung der Nachbarsprachen,

in Wien geht es vor allem um die migra-

tionsbedingte Mehrsprachigkeit. Dieses

grenzüberschreitende Projekt trägt dazu bei,

Mehrsprachigkeit als Ressource zu sehen.

Nun erleben wir bereits nach eineinhalb

Jahren wie sehr es die Lernentwicklung der

Kinder fördert, wenn sie selbstverständlich

ihre Sprachen sprechen dürfen und dabei

von ihren Bezugspersonen begleitet und

ermuntert werden.

K

inder lernen immer dann am

besten, wenn sie motiviert und

für das zu Erlernende begeistert

sind. Das gilt natürlich auch für

das Lernen einer Sprache. Ein aktuelles

EU gefördertes Projekt in Kindergärten

und Schulen macht die positiven Aus-

wirkungen deutlich, die es hat, wenn

Kinder motiviert werden, ihre vertrau-

teste Sprache zu sprechen.

Ziel des Projekts ist es herauszufinden,

wie es sich auf die Entwicklung von

Kindern auswirkt, wenn ihre Mehr-

sprachigkeit im Kindergarten gelebt

und gefördert wird. Eine Förderung,

die durch die zusätzliche Anwesen-

heit eines Sprachbegleiters oder einer

Sprachbegleiterin in jeder Gruppe am

Vormittag ermöglicht wird. Letztlich

geht es auch darum, dass die Päda-

gogInnen und Eltern mehr über die

Förderung von Sprachen bei Kindern

wissen und erkennen wie sehr Kinder

ihre Erstsprache benötigen, um vieles

andere zu erlernen.

SICHERHEIT- UND SELBSTBEWUSST-

SEIN

Wenn Kinder zu Beginn ihrer Kindergar-

tenzeit aufgefordert werden, nur mehr

Deutsch zu sprechen und somit ihre

bisherige verwendete Sicherheits- und

Selbstbewusstseinssprache verboten

wird, verunsichert sie das im Spracher-

werb. Der Druck zu sprechen steigt,

und sie verstummen (Gogolin, 2010).

Diese Unsicherheit und die Angst

beim Sprachenlernen schadet nicht

nur dem Deutschlernen, sondern dem

gesamten Spracherwerb und somit der

Gesamtentwicklung des Kindes. Dies

ist besonders kritisch, wenn Kinder in

Dr. Karin Steiner

Bildungswissenschaftlerin

und Projektleiterin der

BIG-Projekte bei den

Wiener Kinderfreunden

http://wien.kinderfreunde.at

Foto © Peter Korp

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